Category: Schach

Schach im Internet

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Miniemblem von mir

In Island 1972 fand der Schachweltmeisterschaftskampf Boris Spassky gegen Bobby Fischer statt.
Jeden 2. Tag gab es damals in der Main-Post die Kurznotation der jeweiligen Partie, ein “kleines Gesetzchen” wie man sagte, und ich als Novize des Spiels versuchte durch blosses Nachspielen zu verstehen, was da in der Partie vor sich ging.


Von 1977 bis 2005 gab es gelegentlich TV-Sendungen mit Grossmeister Helmut Pfleger, oft gemeinsam mit Vlastimil Hort. Diese Sendungen waren im Grunde das einzige Medienangebot an die Schachfreunde damals.

Ab Mitte der 90er und danach wurde Schach im Netz immer populärer.

Seitdem die Pandemie herrscht, legten die Anbieter zuletzt noch einen Zahn zu und präsentieren regelmässig Einladungsturniere im Netz. Das letzte Angebot ist eine Turnierserie mit Namen “Meltwater”.

Das Niveau dieser Veranstaltungen hat technisch wirklich ein neues Level gezeitigt. Gab es noch vor 2 Jahren nur Live-Kommentierungen auf Deutsch, Englisch und evtl.Spanisch, so sind es jetzt auf Chess24 12 Kanäle.
Man setzt dort wahre Könner ein, wirkliche Spezialisten wie den gut deutsch sprechenden Rustam Kasimdzhanov (Exweltmeister). Auf alternativen Webseiten findet man auch solche Grössen wie Arkadij Naiditsch. Solche Leute verstehen so viel von dem Spiel, dass ihre Anmerkungen ungemein instruktiv sind.
Besseres kann es nicht geben.

Da diese Turniere online stattfinden, haben sich die eingeladenen Spieler verpflichtet, keine Schach-Software zu benutzen. Würden sie es trotzdem tun, würde es leicht auffliegen, denn eine gut entwickelte Cheatingsoftware prüft die Züge recht zuverlässig.

Ich bin froh, dass es dieses Angebot gibt. Selbst wenn es wieder Offlineturniere für die Großen der Zunft geben sollte, werden diese Turniere im Netz eine gute Alternative bleiben.

Das Damenproblem

Christianes Etüdensammlung zu “befüttern”, macht immer Freude.

Diesmal eine kleine Betrachtung von mir zu einem etwas merkwürdigen mathematischen Problem.

Verwendet werden sollen ja in max. 300 Worten:

Füße
harmonisch
wünschen

*

Mit Anfang 20 sties ich als mathematisch interessierter Schachspieler auf das Damenproblem.

Es geht darum, 8 Damen  auf einem Schachbrett 8X8  so aufzustellen, daß sie sich selbst nicht schlagen können.
(Damen können ja sowohl längs, als auch diagonal ziehen).

Hier eine der Lösungen, mit den jeweiligen Wirk-Linien der Damen.

Man kann so eine Lösung  auch “zu Fuß” probieren.

Brett

92 Lösungen gibt es insgesamt!

Mit Anfang 20 wünschte ich, zu wissen, ob die Lösungen für ein grösser werdendes Brett irgendwann versiegen.

Für Brettgröße n=9 und n=10 fand ich damals Lösungen für n Damen.

Mittlerweile weiß man, daß die Lösungen sogar schneller als exponentiell, also harmonisch wachsen.
Für ein 27X27 Brett hat man die Lösungen auf der technischen Universität in Dresden mittlerweile berechnet:

234.907.967.154.122.528 Lösungen.

*

Nun habe ich also dieses spezielle Problem auch mal untergebracht, zudem in der aktuellen Etüdensammlung.

 

Ein Großer verlässt die Bühne

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Vladimir Kramnik, der Weltmeister im Schach von 2000 bis 2007, hat vor kurzem mit 43 Jahren seinen Rücktritt erklärt.
Seit seinem Sieg 2000 über Garry Kasparov verfolgte ich seine Karriere sehr intensiv , war von der Tiefe seines Spiels beeindruckt. Gerade in seinen Analysen auf Pressekonferenzen zeigte er, was er in den jeweiligen Partien alles bedacht hatte.
Andere Zeitgenossen beachtete ich in dieser Zeit wenig.
Vor 5 Jahren kam der jetzt 28-jährige Magnus Carlsen ins Spiel. Er versteht es vor allem, völlig gleiche Stellungen zu einem Vorteil zu verdichten. Dennoch verfolgte ich weiter Vladimir Kramnik.

Wie fing alles an?
1972 gab es ja den legendären WM-Kampf Boris Spassky  gegen Bobby Fischer.
Ich als Novize im Schach versuchte die 24 Partien des WM-Kampfs so gut wie möglich zu verstehen. Was natürlich nur näherungsweise gelang.
Nach dem Gewinn des WM-Titels verschwand Fischer von der Schachbühne und andere nahmen seinen Platz ein.
Damals war ich über einige Jahre ein Fan des Dissidenten Viktor Korchnoi. Ich lies mir eines seiner Bücher von ihm signieren und nahm an einem Simultan gegen ihn in Würzburg teil. Auch in Bad Kissingen, wo er mehrmals spielte, war ich Zuschauer.

Kasparov war von 1985 an der maßgebliche Spieler. Er war der erste, der seine Varianten mithilfe von Computeranalysen schärfte.

Und dann kam Kramnik, über den ich anfangs sprach.

Sein Verzicht jetzt auf weiteres Mitspielen im Olymp des Schachs lässt sich leicht erklären: Er ist Familienvater und wird es zunehmend schwierig finden, 8+ Stunden täglich hart zu trainieren, d.h. vor allem die neuesten Partien anzuschauen, seine Eröffnungen zu checken und die Schlüsselvarianten ständig zu memorieren.
Leute, die 20 – 25 Jahren jünger sind, haben eine ganz andere Motivation – sie wollen ganz nach oben und sind bereit, endlos Arbeit in ihre Passion zu legen.

Für mich persönlich ist der Weggang von Kramnik ein Schlag.
Ich weiß nicht, welcher Spieler ihn ersetzen könnte. Der Weltmeister Magnus Carlsen hat z. Zeit keinen ebenbürtigen Gegner und es tauchen auch keine charismatischen Spieler, wie es Kramnik war, neu auf. Die, die in Frage kämen, haben nicht die Stamina über lange Zeit hinweg.
Auf alle Fälle entfällt ab jetzt das Mitfiebern bei einem Turnier, an dem Kramnik teilnahm.

 

 

 

 

 

 

 

 

Schach auf neuem Level

AlphaZero, das selbst lernende System aus dem Hause “Deepmind”, nur mit den Regeln des Schachs gefüttert, hat vor einiger Zeit das führende kommerzielle Schachprogramm deutlich geschlagen.

Wenn man einzelne Partien von AlphaZero ansieht, dann sind die “Strategeme” so weitsichtig, wie sie nur sein können. Es grenzt fast an Hexerei, wie tief und weit dieses System schauen kann.
Interessant für Schachspieler sind auch die Bewertung der Eröffnungen, also bestimmter Sets von Anfangszügen.  Man sagt, wenn AlphaZero 85% Gewinnwahrscheinlichkeit in einer Eröffnungsvariante voraussagt, dann ist im Grunde diese spezielle Eröffnung für Schwarz verlustbringend – im rein theoretischem Sinne natürlich, nicht wenn Menschen gegeneinander antreten.
Selbst AlphaZero wird aber wohl nicht vorhersagen können, ob der Anziehende (Weiß) theoretisch bei bestem gegenseitigem Spiel gewinnen muß oder die Partien unentschieden ausgehen sollten. Eine alte Frage, die weiter ungeklärt ist!

Im Wissenschaftsmagazin SPEKTRUM 11/18, das sich auf ein Interview mit dem Wissenschaftler Judea Pearl in “Quantamagazine” bezieht, wurde diese Leistung, die AlphaZero bringt, durch diesen sehr renommierten Wissenschaftler  zurecht gerückt. Er meint, diese Leistung sei nichts anderes “wie im Grunde eine Kurve an Daten anzupassen”. Für ihn würde echte Innovation in der KI sinngemäss so aussehen, wenn Systeme daran gehen könnten, selbstständig “Modelle der Welt” zu entwickeln.
Mich überraschte diese Sicht, war doch die Leistung von AlphaZero absolut glänzend.
Doch bin ich kein Fachmann der KI, also nehme ich nur hin, daß man da verschiedener Meinung ist.