Christianes Etüdenaufruf verlockt eins ums andere Mal.
Mein max. 300 Worte umfassender Text soll die Worte
Rolle
halbherzig
belohnen.
enthalten.
Die letzte Wortspende für die Textwochen 46/47 des Jahres 2022 stammt von Ulrike mit ihrem Blog Blaupause7.

*
Klein-Hans war wieder mal etwas abwesend im Unterricht. Als ihn der Lehrer mit dem schwarzem Gewand herbeizitierte, hatte er einen angstvoll-zögernden Gang drauf, der diesen zusätzlich erboste.
“Ich werde Dich schon recht belohnen“, sagte er, packte ihn am Ohr und zog ihn zum Pult.
Ein klagender Ton entsprang Klein-Hans. Es tat furchtbar weh.
Zuhause zeigte er sein Ohr der Mutter. Sie tat Salbe drauf, es sah nicht gut aus, das Ohr.
Vater hatte keine Zeit, er war vom Nachtdienst gekommen.
Mutter setzte sich hin und schrieb einen Brief an die Lehrerperson. Wut verbot sie sich von Hause aus, diese schien bestenfalls halbherzig in ihren Worten durch. Sie wollte ihn fragen, wieso er das ihrem Hänschen angetan hatte!
Kaum hatte der Schwarzkittel den Brief erhalten, war er völlig von der Rolle und fuhr sofort mit dem Fahrrad zu Hänschens Mutter.
Hänschens Mutter war allein. Er zwang sie, vor ihm niederzuknieen und um Verzeihung für den Brief zu bitten. Was blieb ihr übrig, so wie sie erzogen war.
Als der Vater nachhause kam, merkte er, wie verstört seine Frau war.
Er erfuhr, was passiert war.
Da konnte er nicht drüber hinweggehen! Niemals!
“Ich fahr runter und stelle ihn zur Rede”, sagte er. Seine Frau wusste, was das hies. Der Bösewicht wäre körperlich nicht ungeschoren davon gekommen.
“Wenn Du das machst, sind wir geschiedene Leut!”.
Solcherart gestoppt, war es wirklich zu viel für ihren Mann. Das hielt er kaum aus!
Er sprach diesen Tag kein Wort mehr mit seiner Frau!
Erzählt hast du die Geschichte wie eine Moritat, deshalb hofft man auf Erfundenes oder Übertriebenes aus einem weiter zurückliegenden Jahrhundert. Aber wenn du so betonst, dass es nicht so lange her ist, entsetzt mich das Geschehen uneingeschränkt.
“Schwarzkittel” – nennt man nicht Wildschweine so?
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Es ist leider so erlebt worden von mir.
Und ich knappse noch immer daran, wie ich auch gerade dieser Tage merke, Heide.
“Aber mach was dran!” – So sagt man bei uns in Franken. 😉
Dank Dir!
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Das kann ich mir allerdings vorstellen, dass es dir dann nachgeht, man versucht ja immer wieder gedanklich am Unfassbaren herumzufeilen, in der Hoffnung, sich irgendwie begreiflich zu machen, wie es kommen konnte, dass so viele Menschen demgegenüber so schutzlos waren.
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Der Pfarrer hatte Macht im Dorf und nicht zu knapp. Vieles wurde totgeschwiegen oder wurde sogar nicht bekannt.
Man kennt das ja.
Mein 92-jähriger Nachbar hat so viel erlebt, wie ich kürzlich erfahren konnte (Kriegszeiten) , daß ein angerissenes Ohr damals Anfang der 60er vielleicht ne Lapallie war.
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Huch, was ist denn das für ein altertümliches Szenario? Da musste ich sofort an “Schlafes Bruder” denken.
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Schlafes Bruder kenne ich ga rnicht. Muss mich greich mal schlau machen. 🙂
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Da gibt es eine Szene, in der sich das musikalische Kind darüber beschwert, dass es den Ohren wehtäte, wenn der Lehrer/Pfarrer oder was auch immer, wenn er die Tasten der Orgel so quäle (wenigstens glaube ich, dass es so dort vorkam).
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Achja. So war das in dem Film. 🙂
Danke!
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Ich kenne ja alle möglichen Geschichten in dieser Richtung, aber daß ein Lehrer ins elterliche Haus fährt und dort die Mutter in dieser erniedrigenden Art und Weise *straft*, das habe ich noch nie gehört.
Das hätte nicht sein dürfen und ehrlich gesagt, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß es in der Realität geschehen ist.
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Es ist so geschehen.
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Ich wollte Dich nicht schocken, liebe Bruni, aber ich musste das mal erzählen .
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Warst Du der Bub und war es Deine Mutter, die so gedemütigt wurde?
Doch nicht mehr in unserem angeblich so aufgeklärten Zeitalter?
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Ich sollte Dir persönlich darüber schreiben.
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Ja, solche Geschichten hat es zu meiner Kindheitszeit wirklich gegeben.
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Ich hatte sie ja auch erlebt.
Guten Morgen!
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Puh, wenn das eine wahre Geschichte ist, fehlen mir die Worte ….
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Ich brauchte gerade etwas Gartenarbeit, um runterzukommen…
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Hoffentlich hilft es.
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Es half ganz gut! 🙂
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Diese böse rigide …
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Was bleibt einem zu sagen…
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Ich kenne so etwas auch: bloß nichts sagen, sonst gibt er dir eine schlechte Zensur!
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Der Schwarzkittel hatte große Macht im Ort. Vor Zensuren hatte da , so glaube ich, keiner Angst.
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Da wird mir schlecht, wenn ich das lese. Willkür, Machtmissbrauch und – je nach Charakter der Betroffenen – drei traumatisierte Personen.
Ich frage mich, wie da ein Ausweg ausgesehen haben könnte und ob so etwas heute noch möglich wäre.
Mittagskaffeegrüße ⛅🍁☕🍪🍂👍
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Der Schwarzkittel war eben eine Art Herrscher des Ortes, die Mutter entsprechend erzogen, der Vater hatte Angst vor den Konsequenzen,.aber was hätte ihm im Grunde passieren können. Das Veto seiner Frau erschien ihm eben trotzdem übermächtig.
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Niederknien vor dem Schwarzkittel? Das hätte ich nie getan. Und ich glaube auch nicht, daß diese Frau es getan hat/hätte, wenn sie denn gelebt hätte. Ist eben eine Geschichte.
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Nein, es ist KEINE Geschichte.
Nein, das ist sie nicht.
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Um Himmels Willen, wenn das keine Geschichte ist, dann ist das eine strafbare Handlung von dem schwarzen Mann. Erschreckend, und mir wird Angst und Bange!
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Wer wollte den strafen?
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Ihn doch nicht – er hat die Mutter gedemütigt und das empfinde ich als strafbar.
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So ist sie wahr gewesen?
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Selbstverfreilich
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