Der Bewegungsneurotiker

Diese hier haben unter Garantie wenig Bewegung

*

Auf einem kleinen Spaziergang traf ich meinen alten Nachbarn.
“Immer unterwegs?!”, meinte ich.
“Ja, ich bin gerne draussen. Meine Frau nennt mich einen Bewegungsneurotiker. Sie geht kaum nach draussen!”.

Ich selbst bin nur mässig unterwegs diese Tage. Gerade mal zum Efeu des Nachbarn – und dann wieder zurück.
Aber es gab Zeiten, da war ich mindestens 5 x die Woche spätnachmittags unterwegs, direkt nach der Arbeit. Meine Nachbarn sahen mich praktisch täglich hoch zum Wald gehen, es war immer die gleiche Strecke.

Das Gehen beruhigte mich, erdete mich auch ein wenig. Das war nötig, denn ich war oft nervös.
Ein, zwei Jahre vor diesem “neurotischen Spaziergehen” war ich ja eifriger Läufer gewesen, das tat mir ungemein gut damals. Federleicht und mit wenig Mühsal glitt ich die Anhöhen hoch.
Bis ich dann plötzlich Probleme bekam. Ich hatte keine Schmerzen, sondern nur ein merkwürdiges Gefühl ums linke Knie herum. Was es war, wusste ich nicht, aber ich gab das Laufen auf.
Ab und an lief ich noch, so einmal pro Monat, hatte dann aber immer leichtes Entzündungsgeschehen im Hüftgelenk.

Schweren Herzens gab ich das Laufen ganz auf, das war sehr sehr bitter, denn es war ein mächtiger Stein, auf den ich bauen konnte – ich war damals oft richtig glücklich gewesen.
Recht bald ging ich aber aufs Spazierengehen über, das war immer ohne Probleme und entschädigte mich etwas für den Verzicht. Bewegung an sich ist ja etwas Schönes.
Der notorische Spaziergänger, der ich war, ist nun ein Gelegenheitsspaziergänger geworden.

15 thoughts on “Der Bewegungsneurotiker

  1. Ich bin erst wieder zur Spaziergängerin geworden, seit ich so intensiv fotografiere. Laufen war noch nie meins, obwohl es mir durchaus auch Spaß gemacht hat, als ich in einer Reha-Klinik jeden Morgen joggen musste. Aber da wartete am Ende des Weges eine phantastische Aussicht auf das Allgäu 🙂

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  2. Dafür bewegst du den Zeichenstift, Gerhard, und hoffentlich heute Nachmittag auch die Kuchengabel. Mit den Jahren werden wir leider nicht beweglicher, und das restliche Bisschen in Schuss zu halten macht richtig Arbeit.

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  3. Bewegungsneurotiker, schönes Wort für die, die es doch eigentlich richtig machen.
    Bei mir ist es so, dass ich meine Bewegungsfreudigkeit durch die beiden steilen Treppen im Haus so etwas in Gang halte, oder die Sonnenlichtfensterergatterei mit Rumschlurfen im gepflasterten Hof…
    Immerhin trägst du Keramiksachen rum, oder spazierst gelegentlich!
    federleichtes Geturne, das war einmal, auch bei mir!

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  4. Leider muss ich zugeben, dass auch ich mich nur noch wenig bewege – moeglicherweise noch weniger als Du. Bei mir liegt es aber wohl nur an meiner Faulheit. Es ist so schwer, den inneren Schweinehund zu ueberwinden. wenn man dem einmal nachgegeben hat. Ich muesste mich wirklich einaml am Riemen reissen und ich wieder auf’s Rad schwingen. Schliesslich gibt es ja die Lower Crabapple Road direkt vor dem Haus, und dann 15 Meilen mit nur ganz wenig Verkehr raus auf’s Land.
    Liebe Gruesse und hab’ einen feinen Sonntagnachmittag und ‘abend,
    Pit

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