Gerd

Vor Jahren fertigte ich aus Ton meinen Vornamen: G-E-R-H-A-R-D.
Vor ein paar Tagen fiel mir ein “R” herunter, dasjenige zu “hard”.
Es geschah bei Reinigungsarbeiten.

Jetzt liegt auf dem Fenster nur noch “Gerd”, womit ich – erstaunlicherweise – zufrieden bin.

Vor Jahrzehnten nämlich ärgerte mich immer, wenn jemand mich Gerd nannte.
Nennt man etwa einen “Erhard” “Erd?! Nicht daß ich wüsste!
Zu allem Überfluss bekam ich damals zwei Schachurkunden, eine davon auch noch mit einem Jahr Verzögerung, in dem mein Vorname mit Gerd geschrieben wurde.

Heutzutage verstehe ich, daß Gerd eine akzeptable Abkürzung von “Gerhard” ist, vielleicht so etwas wie ein Kosename.

Einen anderen Gerd lernte ich erst spät kennen: Das war Gerd Baltus, ein Schauspieler, den ich gerne bei seinem Tun sah. Baltus spielte meist einen Sonderling. Zumindest wurde er beständig für solche Rollen gebucht. Aber auch er hies offenbar Gerhard, wie ich Wikipedia entnahm.

34 thoughts on “Gerd

  1. Ich denke, dass es für das Kind und den Jugendlichen eine nicht immer leichte Aufgabe ist, sich mit seinem Namen abzufinden und zu identifizieren. Manche brauchen länger. Letztlich ist Gerd doch so schlimm nicht, Hard oder Hardt wäre unschöner. Oder schwäbisch Gerdle? – Aber ich glaube zu verstehen. Aus einem Ger – hard nicht mehr, wohl aber aus dem Speer vornedran, könnte man eine Gerlinde, Gerhild oder sonst ein Gebild formen. Aus Gerd eine Gerda. Das mag dem Verunsicherten wenig Vertrauen in sich und sein Gegenüber einflößen.

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  2. Mit solch einer gelassenen, positiven Haltung – zu einem “Schicksalsschlag” und zu unliebsamen Lebensumständen – wächst der Mensch über sich selbst hinaus, und in dem Maße, wie er wächst, wächst auch der Name wieder – unsichtbar – zu seiner ursprünglich gemeinten Größe heran.😊🤚🍀

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  3. Das finde ich sehr spannend.

    Mein Vater und mein Bruder hiessen beide Gert mit t und waren immer ärgerlich, wenn man sie mit Gerhard ansprach oder mit D schrieb, genau wie ich als Heide früher immer grummelig wurde, wenn sich keiner die Mühe gemacht hat, sich endlich zu merken, dass es weder um eine Heike noch Heidi ging, oder darum, etwa mit mir zu diskutieren, dass mein Name doch wohl eine Abkürzung sein müsse.

    Ich empfinde die Ungenauigkeiten inzwischen auch nicht mehr als so “furchtbar” wie früher.
    Es hängt vielleicht damit zusammen, dass man als gefestigte Persönlichkeit weiss, dass verschiedene Menschen an denselben Personen oft andere Facetten wahrnehmen, ohne dass es die
    Identität infrage stellt.
    In jungen Jahren hingegen ringt man über die Genauigkeit des Namens darum, seine Identität be- und geachtet zu sehen, und im Zusammenhang mit Kosenamen und Spitznamen, die man sich wünscht oder verabscheut, unverwechselbar statt austauschbar zu sein.

    Schön, dass du mit deinen Keramikbuchstaben mal wieder ein Nachdenken darüber ausgelöst hast. So oft kommt das im Zusammenhang mit Namen nicht mehr vor. Kürzlich musste ich seit langem mal wieder für eine Dokumenten-Unterschrift meinen Mädchennamen handschriftlich schreiben, nicht in Block- oder Druckbuchstaben – das habe ich bestimmt seit Jahrzehnten nicht mehr getan und es fiel mir überraschend schwer. Auch das hat wohl etwas mit Selbstidentifikation zu tun.

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  4. Kurze Vornamen nochmals zu kürzen ist wirklich nicht schön, Gerhard und verstehe auch deine Gedanken im Vergleich dazu.
    Wobei mir “Gerd” aber auch gut gefällt und schon in meiner Jugendzeit war es ja extrem “cool” mit den gekürzten sowie veränderten Ruf- oder auch Spitznamen.
    Liebe Grüße, Hanne

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      1. Die gab es bei uns auch, aber ich blieb zum Glück davon verschont wie z.B. von Bibi, Lili, Kräcker sowie anderen schrägen Spitznamen und benutze ja auch bei WP meinen richtigen Namen. Nur etwas gekürzt, wie mich auch mein Freundeskreis, außerhalb von WP nennt.
        Jacques ist auch nicht schlecht und wird wohl einen Grund für diesen ursprünglich ja französischen Spitznamen geben.

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  5. Mir gefällt diese Namensabkürzung gut. Sie wirkt weich und dennoch kräftig.

    Ich kenne einen Journalisten, der sich so nennt und den ich als klugen und gewitzten Typen gern mag.

    Lieben Gruss, Brigitte

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      1. Namen sind nicht Schall und Rauch. Sie lösen Empfindungen aus. Manchmal schmerzhafte Empfindungen. Und manchmal versöhnen besondere Träger des eigenen Namens mit diesem ungewünschten Übel. Es erscheint plötzlich in anderem Licht und anderer Assoziation. Ich kenne das. Einmal schrieb ich ein Gedicht:

        Ohne Namen / bist du geboren / eins mit allem, was ist / nicht verwaltbar, nicht begreifbar/ohne Nummer und Schild

        Das darf nicht sein.

        Mit Liebe versuchen sie / das Wunder in Lettern zu fassen / und meinen nun / zu verstehen.

        Sie rufen deinen Namen / und meinen dich / und bald schon vergisst du / wer du bist

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        1. eins mit allem, was ist.
          Das wäre traumhaft, war es aber so?!
          Aus der vorgeburtlichen Psychologie weiß man, daß auch das Kind, das noch nicht geboren ist, Belastungen mitbekommen kann.

          Liebe Grüsse!

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          1. Stimmt schon. Ohne Belastung wird wahrscheinlich niemand geboren. Sie ist Teil des eins mit allem was ist. Ein Neugeborenes ist, wie ich es wahrnehme, ohne Grenzen. Es ist ganz einfach und lernt sich selbst als Individuum erst so nach und nach kennen. Vor Jahren machte ich diese Erfahrung des wie Wasser grenzlos Dahinfließens bis Panik mich wieder zusammenzog. Damals entstand das Gedicht. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

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