Die Haushüterin und der Gartenzwerg

Für zwei weitere Wochen stehen Christianes neue Etüden an.
Die folgenden 3 Worte sind in einem Text von max. 300 Worten zu verwenden.
Die Wortspende ist diesmal von Red Skies Over Paradise

Baracke
lau
widerfahren.

Eine Baracke konnte man ihr Haus wahrlich nicht nennen.
Als Horst sie besuchte, fiel ihm auf, wie fein alles arrangiert war, jedes Kleinod am perfekten Platze.
Alles austariert und auf gutes Zusammenspiel der Dinge ausgerichtet. “Ausstellungsräume”, dachte er.
Als er in feinen Wohnzimmer seinen Kaffee trank und ein ausgesuchtes Stück Kuchen aß, wusste er noch nicht, was ihm widerfahren würde: Er hatte gekrümelt, die Hausherrin war gleich mit einem Handsaubstauger da und beseitigte das Malheur.
Hier würde er nicht alt werden, dachte er bei sich.
Den Garten betraten sie dann anschliessend. Kein laues Lüftchen regte sich, die luft festgebacken wie Watte.
Auch hier passte alles zusammen. Kein Unkraut und edelste Sorten. “Gekauft bei der Gräfin”, sagte sie. Gemeint hatte sie eine bestimmte Gärtnerei im Markgräflerland, von der sie mir mal erzählt hatte.
Wenn hier was wuchs, dann war es vom Feinsten.
Auch die Insekten schienen sich daran zu halten. Hier kroch und flog nichts herum, was nicht hingehörte. So kam es ihm zumindest vor.

“Alles sehr fein und wunderbar” lobte er die Hausherrin. Freude glitt über ihr Gesicht.
“Da hast Du bestimmt viel Arbeit reingelegt”.
“Arbeit ist das nicht, pure Freude. Ich bin fast jede Stunde im Garten.”, meinte sie.
“Das sieht man am Ergebnis!”, sagte Horst. Aber hier wohnen würde er nicht wollen, dachte er bei sich, denn sonst würde er grün anlaufen, fast schon zum Gartenzwerg werden. Einem beweglichen zwar, aber dennoch irgendwie … Inventar.

Artig verabschiedete er sich. “Ein erhebender Tag für mich, danke Dir”.

26 thoughts on “Die Haushüterin und der Gartenzwerg

  1. Eine gute Geschichte und ein dermaßen gepflegtes Ambiente, daß es beim normalen Gast Unwohlsein und Unbehagen erzeugen muß und man dann krampfhaft überlegt, wieso das eigentlich so ist, denn alles ist doch zu schön, aber damit halt viel ZU perfekt. Es fehlt das so überaus wichtige Körnchen Unbekümmertheit, die Lebenslust.

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    1. Das wäre wohl übertrieben, Peter 🙂
      Aber es macht Spaß, im Rahmen der Etüden kleine Geschichten zu erzählen.
      Und schön, wenn andere das, was ich erzähle, auch interessant finden können. Das ist schon Glück!

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  2. ich musste grinsen über Deine “artige” Verabschiedung 🙂
    Ansonsten – ja – es gibt Menschen, denen es Freude bereitet, alles so zu arrangieren und einzurichten. Immerhin erfuhrst Du keinen Tadel für’s Krümeln :-), das ist doch auch gut.

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  3. Lieber Himmel. Wenigstens ihr Haus Haus und Garten hat sie unter Kontrolle … aber freiwillig leben möchte mit ihr wohl keiner (?) 🤔😖
    Liest sich nicht sehr einladend. Ich glaube, ich wäre für solch ein Ambiente nicht fein genug. 🤔😉
    Abendgrüße 😁🍷🥨👍

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  4. “Eine Baracke konnte man ihr Haus wahrlich nicht nennen.” – Und an dem Wort Baracke bin ich in dieser Runde gescheitert und weiß jetzt auch warum. Ich nenne mein trautes Heim nämlich meistens “meine Hütte” – ein Euphemismus, wenn man bedenkt, dass es sich um eine 46-Quadratmeter-Mietwohnung handelt. Warum ich bei “Baracke” in letzter Zeit meistens an Leiharbeiter von Schlachthöfen denke, weiß der Geier. Denen widerfährt sicher einiges, was mit lauen Lüften wenig bis nichts zu tun hat. In der von dir beschriebenen Nicht-Baracke mit gräflichem Garten würde es mir wohl so ergehen wie Deinem Horst.

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    1. Danke für die lange Reflektion.

      Ein Freund von mir hatte eine solche knappe Wohnung, lange her. Und er benutzte nur ein Zimmer davon. Wieso er sich da noch mehr beschränkte als nötig, keine Ahnung.
      Dieses eine Zimmer war Schlafplatz, Werkstatt, CD-Sammelstelle, Bücherablage, vom Wald staubten trockene Blätter und Tannenwedel rein.
      Ein männlicher Mayröcker.

      Die Schlachthöfe sind fast vergessen, auch der Futtermittelskandal Jahre zuvor. Grosse Aufreger, dann verrinnen sie. Selbiges hoffen jetzt die Kirchen, dass Missbrauch, Vertuschung, Herabwürdigung von Opfern aus den Themenkreisen verschwinden. Das werden sie sicherlich!

      Ich persönlich lebe eine Mischlösung, was das Wohnen anbetrifft: Sauber, gepflegt, aber nicht als Sklave einer stärkeren Ordnung.

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      1. Das verursacht mir Bauchschmerzen. Schon vor Corona wurde alle paar Tage eine neue Sau durchs Dorf getrieben und ließ den Aufreger von gestern in Vergessenheit geraten. Jetzt ist es viel schlimmer, und die Welt hat größere Probleme als die Pandemie. – Ich glaube, ich weiß, warum Dein Freund nur eines seiner Zimmer nutzte, denn bei mir ist es nich sooooo viel anders. Sich über das notwendige Maß hinaus zu beschränken bewirkt, dass man das Gefühl hat, mehr Platz zu haben als man braucht. – Übrigens ein Prinzip, dass sich auf verschiedene Weise anwenden lässt und das ziemlich zufrieden macht. 😃

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        1. Die Welt hat grössere Probleme, ganz gewiss, aber dieses Reinpantschen von Industrrieölabfall in Futtermittel war seinerzeit das Erste, das ich näher verfolgte. Vorher war ich quasi unpolitisch.

          Gutes Argument mit dem Nichtnutzen des zweiten Zimmers. 🙂

          Dein Prinzip leuchtet mir ein. 🙂

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      1. eine erhebende Erfahrung, in solchem Ambiente zu krümeln…..Mich erinnert das an eine Jugendliebe: wir saßen auf einer Bank im Englischen Garten von München und spuckten die Kerne von Kirschen, die wir aus einer Tüte verspeisten, in die gepfegten Anlagen. Das ist auch so ziemlich das einzige, an das ich mich erinnere. Wie der junge Mann aussah? Vergessen. (Du kennst vielleicht das Gedicht von Brecht, “Erinnerung an Marie A”?)

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