
Für zwei Wochen stehen Christianes neue Etüden an.
Die folgenden 3 Worte sind in einem Text von max. 300 Worten zu verwenden.
Die Wortspende ist diesmal von wortgeflumselkritzelkram.
Strickjacke
trügerisch
entdecken.
*
In ihrer weiten Strickjacke hatte sie immer etwas, um Tiere zu füttern.
In einer kleinen Innentasche entdeckte ich zudem eine Fotografie, so klein wie ein Passbild. Eingebracht in eine vergilbte Plastikhülle.
Der junge Mann auf dem Foto war mir völlig unbekannt.
Es muss wohl im Frühling gewesen sein, als dieses Foto gemacht wurde. Hell lachte er, der junge Mann, er wirkte leicht und froh, trügerische Frische strömte dieses Foto aus. Es war aber in der Tat mehr als 60 Jahre alt.
Mutter nahm offenbar dieses kleine Foto immer auf ihren Spaziergängen mit.
Was hatte es damit auf sich? Sie war ja mit meinem Vater glücklich verheiratet gewesen. Ihre 3 anderen Kinder sorgten für eine muntere Enkelschar.
Dennoch dieses Foto, aus einer lang zurückliegenden Zeit! Einer Zeit wie aus einem vergangenen Jahrhundert.
In ihren Notizen, die ich durch Zufall Wochen später entdeckte, erfuhr ich von einer sehr glücklichen, innigen Beziehung mit ihm.
Die offenbar abrupt endete. Der junge Mann hatte sich plötzlich völlig zurückgezogen, ohne Angabe von Gründen. Es war auch keine andere Frau im Spiel. Für sie war das absolut nicht nachzuvollziehen.
Kurze Zeit später war er auch verzogen.
Ich machte mir das selbst zu eigen. Was war es, was konnte es gewesen sein?! Verrückt war er ja offenbar nicht, das zeigten einige seiner Briefe. Sie waren witzig, wortreich, geistreich und schwelgerisch.
Ein Rätsel.
Und für meine Mutter auf ihren Wegen? Steter Kummer oder der Nachschein einer großen Liebe?!
Ich spürte keine Wut auf diesen unbekannten Mann. Mich beschäftigte das gerade Erfühlte sehr.
Ich ging nun mit anderen Augen durch diese Welt. Achtsam, aufmerksam und intensiver empfindend.
Ein Geschenk.
Nach einem Roman von Tim Krabbé.
Berührend und geheimnisvoll. Ich würde gerne mehr wissen, aber manches soll wohl verborgen bleiben. Danke dir.
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Wenn etwas zerspringt, das perfekt schien…oh, ja, wer kennt dergleichen nicht? In Verbindung mit meiner Vorstellung von dir, lieber Gerhard, war die kleine Etüdengeschichte überraschend zu lesen, echt klasse!
(Momentan geht mir der Sinn für Insekten und Moose doch sehr ab 😉 )
Gruß von Sonja
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Ja von meiner jetzigen insekten-liebe wusste ich vor 5 jahren noch rein gar nichts.
Wir alle haben ganz unterschiedliche facetten in uns, das Geschichtenerzählen liegt mir , gerade wenn es um Gefühle geht
Liebe grüsse
Gerhard
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Das Rätselhafte lässt uns nie so richtig los.
Das spürt man hier deutlich.
Lieben Gruss,
Brigitte
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Ja so ist es!
Liebe Grüße
Gerhard
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Ich vermute, daß die Mutter verstorben ist und es stellt sich heraus, daß es da ein Geheimnis gab,
das keiner je vermutete hätte.
Eine Liebe, die zu Ende ging, wieso und warum wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben…
Es sei denn, da ist einer, der zu recherchieren beginnt…
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Wenn er den Mann ausfindig machen könnte, hätte er eine Chance, eventuell 😉
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Eine sehr berührende Geschichte auf jeden Fall. Wünscht sich das nicht jeder, “nie” vergessen zu werden? Mag ich sehr. 😁
Danke für die “lange” Etüde 😉
Abendgrüße 😁⛅🍲🍷👍
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Danke für deine lieben Worte!
Ich werde mich bemühen, “mehr Content” zu bringen als bisher bei meinen Ultrakurzetüden.
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Es soll zuallererst dir Spaß machen, lieber Gerhard, und ich habe mich da nicht einzumischen. Tatsache ist aber, dass ich oft den Eindruck habe, dass du mehr/länger schreiben könntest als nur diese Kurzdinger.
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Das ist richtig. 🙂
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Ich finde es einfach toll, was du aus den drei Wörtern gemacht hast. Spielt da vielleicht noch Selbsterlebtes mit?
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In Anleihen vielleicht.
Wenn etwas zerspringt, was perfekt schien, das kennt wohl jeder irgendwo.
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Hatte erst schon gedacht, es wäre die Geschichte Deiner Mutter, so nah hast Du es beschrieben.
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Danke Werner.
Solchen wehmütigen Geschichten bin ich offenbar zugeneigt.
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Die Wege der Liebe – vielseitig und manchmal auch unergründlich.
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Ja, Ulli…
Danke Dir 🙂
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