
Unser Dorfpfarrer war ein schrecklicher Kerl. Er predigte die Hölle und war selbst voller Fehler, brutal und übergriffig. Mir riss er mal das Ohr ein.
Mich hielten seine Visionen in Atem.
Da ich als Junge nicht mehr in seine Kirche gehen wollte, zog ich es vor, in eine Kapelle auswärts zu gehen und dort den Sonntagvormittag zu verbringen.
Mich schickte im Grunde ein Gelöbnis dahin, Gott zu ehren.
Irgendwann viel später schilderte ich jemand aus dem Kirchenkreis mein Trauma. Endlich brachte ich das zur Sprache. Man untersuchte damals Missbrauch, aber der fand ja in dem Fall auf vielfältige Weise statt.
××× 100 Worte ×××
Zum xten Mal in diesem Jahr nahm ich somit an einem Drabble teil, hier von Puzzle initiiert.
Ich finde das eine wunderbare Gelegenheit, Erlebtes bündig, sehr bündig und gleichzeitig verständlich rüberzubringen versuchen.
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100 Worte.

Unglaublich, wie verletzend und grenzüberschreitend! Für was hat sich dieser Mensch gehalten? Ich hoffe, der hat in seinem Leben noch mal geschnallt, was er anderen angetan hat.
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Ganz sicher nicht.
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Deprimierend. Aber auf der Sonnenseite des Lebens wird der wohl auch nicht stehen, so meine Hoffnung.
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Der ist ja schon längst tot.
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Einfach nur traurig. Elisa
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Danke Dir Elisa. Das musste einfach mal wieder raus.
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Wenn ich solche Geschichten höre (und es und viele erzählt worden im Freundes- und Bekanntenkreis) muss ich feststellen, dass ich offenbar großes Glück gehabt hatte. Vielleicht, weil ich mit Kirchen nicht so viel am Hut hatte. Aber auch bei den Kinderkuren musste ich zum Glück nichts drastisches verkraften.Ebenso habe ich die Jahre im Blinden- und Sehbehinderten Internat eher positiv in Erinnerung. Klar gab es Ärger mit dem pädagogischen Personal. Schließlich war ich kein mustergültiger braver Junge, sondern liebte durchaus das Unsinn machen. Doch ich kassierte keine Gewaltstrafen und eingesperrt wurde ich auch nicht. Wenn ich dann solche Geschichte wie deine (oder noch drastischere) höre, beschleicht mich so ein eigentümliches Feeling. Wieso hab ich so ein Glück gehabt, frag ich mich dann.
Doch dann fallen mir Erlebnisse späterer Jahre ein – auf dem Wirtschaftsgymnasium. Da gab es einen Pauker für Mathe und Englisch, der einen Typen wie mich, der mit Jeans und Lederjacke auftauchte (in den frühen 60ern) absolut verabscheute. Hinzu kam meine Sehbehinderung die mir das Lesen an der Tafel unmöglich machte. Der Pauker zückte nicht den Knüppel, der hatte subtilere Methoden. Funktionierten aber auch bestens – ich hatte diese Schule in der 12. Klasse geschmissen.
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Dich bloßstellen?! Vor allen anderen?
Ich hatte einen Leher, der gab mir eine 1 in Schönschrift, die zählte nichts. Dafür war ich in Geschichte bei ihm versetzungsgefährdet. In Französisch (nicht bei ihm) schrieb ich die klassenbeste Arbeit zum Schluss, da war ich ja auch gefährdet.
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Damals hat man diese körperlich erzieherischen, nichtsexuellen Grobheiten nicht als unanständig genug empfunden, und heute wird einem gesagt, das sei eben damals so gewesen und gesetzlich erlaubt noch dazu. Dass man als Erwachsener noch Jahrzehnte später braucht, um damit zurechtzukommen, was mal “erlaubt” war, wird als Privatproblem abgetan, weil es, im Gegensatz zum sexuellen Missbrauch, eben nicht gegen das geltende Recht verstiess. Ich erinnere mich an andere Begebenheiten von Übergriffen (dieses?) Kirchenmannes bei euch zuhause, bei denen es mir auch kalt den Rücken runtergelaufen ist. Ich finde es vollkommen richtig, wenn du die sich bietenden Gelegenheiten wahrnimmst, davon zu erzählen, gerade weil solche körperliche und seelische Gewaltanwendungen im Vergleich zum sexuellen Missbrauch sogar noch weniger thematisiert werden.
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Privatproblem.
Ja sicher sind es immer Privatprobleme, wie jemand mit Greueln umgehen kann.
Du erinnerst das gut, wie er meine Mutter gedemütigt hatte. Wer weiß, was da noch passiert ist. Man kann nur mutmaßen.
Ich hatte bei meinen Kontakten den Eindruck, daß Gewalt an sich nicht zählte, Ein grober Kerl eben!
Einer seiner Lieblingsprüche war, wer ihn anlüge, lüge im Quadrat.
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Furchtbar. Man muss davon ausgehen, dass er versucht hat, alle zu terrorisieren, von denen keine Spenden zu erwarten waren oder sie entsprechend zu solchen zu erpressen. Im Grunde fehlt nur der Nachweis, aber es wirkt wie ein persönlich erdachtes und ausgeübtes Terrorsystem dieses “Kirchenmannes”.
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Ja, er hatte die Macht im Dorf.
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Ich will nicht sagen, dass andere Formen schlimmer wären als körperlicher Mißbrauch, als direkt sexuell gemeinte Übergriffe. Aber diese finden häufiger statt.
Mein Bruder selbst übrigens hatte einen solchen Versuch eines Kirchenmannes (es war nicht der Priester selbst, wohl eher ein Diakon oder so) gerade noch und nur durch seine ganz unwillkürliche Reaktion (er fing offenbar fürchterlich an zu schreien) abgewehrt. Danach war er in der Kirchengemeinde nicht mehr ganz so beliebt, aber das beruhte dann auf Gegenseitigkeit.
Weshalb ich meine, dass sich die Kirchen in ihrer eigenen Denkweise und Wertsetzung mal fragen müßten (oder der Sportverein, wieviele verhinderte Spitzensportler), wie viele Seelen sie schon an die Mächte der Finsternis durch derlei Machenschaften verloren haben. Dann würden sie vielleicht die Einstellung dazu wirklich ändern! – Ja, gut, und Steuerzahler. Falls das Argument besser greift.
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Solche Versuche gab es von ihm auch, von allein zweien weiß ich. Natürlich weiß niemand davon und ich glaube auch nicht, daß die zwei das je zu Protokoll gaben.
Was hätten sie davon gehabt?
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tatsächlich erfuhr ich von meinem Bruder diese üble Tatsache auch erst vor etlichen Jahren, als also wir beide schon weit jenseits des für die üblichen Verdächtigen interessanten Alters waren.
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Das scheint gang und gebe gewesen zu sein.
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Ich glaube tatsächlich, dass derartige Jugenderfahrungen früher in Internaten, Vereinen, Dörfern, kirchlichen Gruppen etc. mehr oder weniger als normal galten, dass so erste erotische, oft eben homoerotische Erfahrungen gemacht wurden. Die freilich, wie ungut sie immer waren (nicht immer waren sie häßlich und drastisch, aber oft genug), das weitere Empfinden und Tun vieler prägten. Die ähnlich handelten, wie sie es gelernt hatten.
Ich wage nicht zu beurteilen, inwieweit sich das verändert hat.
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Die Kirchen sind im Großen und Ganzen Missbrauchs-Einrichtungen, da sie die eingeborene Gläubigkeit von Menschen für ihre Herrschaftszwecke missbrauchen und die Inhalte der ursprünglichen Lehre damit in ihr Gegenteil verkehren.
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“Mich schickte im Grunde ein Gelöbnis dahin, Gott zu ehren.”
Das war im Grunde irreführend, der Diktion der 100 Worte geschuldet. In Wirklichkeit entwickelte ich bei mir ein Zwangssyndrom mit dem Kirchenbesuch.
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