Mehrdeutigkeit

Dies ist ein Artikel zu Christianes neuer Einladung zum Schreiben.
Drei Worte müssen in einem Text mit max. 300 Worten verwendet werden.

Die Worte sind diesmal von Christiane selbst:

Fingerhut süsslich fluchen

*

Vor etwa 30 Jahren erntete ich in NY Gelächter, als ich in einem Geschäft nach einem Pflaster verlangte, der Inhaber mich aber auf den Arm nahm und einen Blaster andeutete.

Innerlich fluchte ich, denn so etwas Einfaches nicht richtig ordern zu können, kratzte damals etwas an meinem Selbstbewusstsein.

Ähnlich klingende Begriffe, aber auch Begriffe mit mehrfacher Bedeutung können irritieren:
Eine Bank ist etwa zum Sitzen, beschreibt aber auch ein Geldinstitut. Sagt man: “Er ist eine Bank!”, so meint man, daß auf ihn Verlass ist.

Ein Fingerhut ist eine Pflanze und ein Hilfsmittel beim Nähen.

Als süß kann ein hübsches junges Mädchen bezeichnet werden, aber nicht in ihrem Beisein, sonst reagiert sie süsslich sauer oder noch ablehnender.

Es gab mal in Nürnberg vor längerer Zeit eine Ausstellung zu Gesten. Welche Gesten sind in welchen Ländern üblich, was sagen sie jeweils aus?! Da kann man manchmal richtig schief liegen.
Aber selbst schon bei der Aussprache von ganz und gar örtlichen Dialekten kann man ziemlich daneben liegen. Mir wurde jüngst gesagt, daß mein angeblicher Heimatdialekt inkorrekt ist. Da war ich baff. Vermutlich hatte ich ihn so “erfunden”?!
Wie dem auch sei: Mehrdeutigkeit ist auch sonst nicht aus der Welt zu kriegen. Das ist aber ein anderes Thema …

19 thoughts on “Mehrdeutigkeit

  1. Das ist interessant. Ich käme nie auf die Idee, jemanden Verläßlichen als Bank zu bezeichnen. Eine sichere Bank, sofern sie nicht unverrückt im Garten steht, halte ich eher für ein Sprachspiel mit Antagonymen.

    Doch auf den Zuruf “hej, Süße” kann ebenfalls Mehrlei und Gegensätzliches passieren. Womöglich sitzt der Rufen alsbald mit ihr auf der Bank, und es wird ausgetauscht, am wenigsten Worte. Oder sie haut ihm die Parkbank um die Ohren. In beiden Fällen bleibt ungewiß, wie es genau gemeint war. Hilfreich kann sein, er zieht sich auf sicheres Terrain zurück, überprüft seine Kontoauszüge, die er auf der verlässlichen Bank… ach du…! Was ist denn da passiert? Ist das noch Inflation oder schon Betrug?

    Mag sein, er ist nach diesem Tag ein wenig sauer. Auf die Welt, die Banken und ganz besonders auf die süßen Mädchen, denen er die Schuld an all dem gibt.

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    1. Hej Süsse würde ich nie gesagt haben, da ich um ihr wahrscheinliches Bittersein wüsste. Doch wer weiß, was einen dann doch hätte umwerfen können. Man könnte aber so immerhin manch Anekdote später zum Besten geben.

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  2. Aussprachefehler, oder was sie dafür halten wollen, um witzig zu sein, scheint manchen Menschen eine geradezu sportlich verfolgte Liebhaberei zu sein. Sie fühlen sich wohl besser, dann. Als ich im Teenageralter eine Zahnspange tragen musste (damals gab es noch nicht die etwas besser zu verkraftenden aufgeklebten Dinger), hatte ich wegen den Effekten auch keine lustigen Zeiten.

    Dialekt und die persönlichen Lebensumstände passen sich aneinander an, das ist doch normal. Wenn da jemand etwas als “falsch” moniert, zeigt das doch nur, dass er nie längere Zeit aus seinem Nest herausgekommen zu sein scheint.

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  3. Lieber Gerhard, Das erinnert mich an unseren früheren Berner Milchmann. Er war zum ersten Mal in Paris, und nach einer allzu fröhlichen Nacht hatte er am nächsten Tag Kopfweh. Wie er erzählte, verlangte er in seinem “besten Schulfranzösisch” in einer Apotheke Kopfwehtabletten. Darauf bedeutete ihm die Verkäuferin, dass sie kein ENGLISCH spreche… Natürlich war er ebenfalls gekränkt wie Du in Deiner Geschichte. Ist sie wahr oder erfunden? So oder so: gut erzählt! Mehrdeutigkeiten treten im Umgang mit anderen Sprachen natürlich besonders häufig auf. Elisa

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    1. So etwas habe ich mehrmals erlebt, haha.
      Mein Italienisch war schwach, besser gleich Deutsch, das verstanden die dort besser.
      In Frankreich hatte ich mal Erfolg mit meinem Französisch, denn ich musste schnell zum Busbahnhof.
      Mit Englisch hatte ich noch mehrmals in den USA Schiffbruch erlitten. In Las Vegas sagte ich zur Barfrau “Back again”. Sie war offenbar zur Toilette gegangen. “Back again”. verstand sie nicht, ich wiederholte es noch zweimal, dann half mir ein Amerikaner, der “Back again”. ein wenig anders aussprach!

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      1. Lieber Gerhard, ja, in den USA sind die Leute darauf angewiesen, dass man mit amerikanischem Akzent spricht, sonst verstehen sie nur Bahnhof. In anderen Ländern scheint diese “Unfähigkeit” viel weniger verbreitet zu sein.

        A propos Französisch: Mein Vater begrüsste einst eine Hotelbesitzerin in Paris am Morgen mit: “Bonjour, Monsieur!” Sogleich schickte er ein “Au, verbrännti Zaine” nach, was sie natürlich nicht verstand. Sie grüsste nicht zurück, schaute ihn nur böse an, was meinem Vater ein wenig den Tag verdarb!

        Gut, kann man über solch weit verbreitete Müsterchen im nachhinein herzlich lachen. Schönes Wochenende dir und liebe Grüsse, Elisa

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  4. Das mit den Gesten ist etwas, worauf ich schon häufiger gestoßen bin, meist im Zuge von Reisevorbereitungen, Thema: Land und Leute. Hochinteressant, ebenso wie die berühmten “falschen Freunde”, wobei ich wieder bei der Sprache bin: Ich habe als Kind mit Begeisterung “Teekesselchen” gespielt, gab es das bei euch auch?
    Danke für die Etüde! 😉👍
    Abendgrüße 🎶🍵🍪

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