Späte Liebe

Dies ist ein Artikel zu Christianes neuer Einladung zum Schreiben.
Drei Worte müssen in einem Text mit max. 300 Worten verwendet werden.

Abendbrot
heimatlos
auszeichnen.

Die Worte sind von Heide mit ihrem Blog “Puzzle“.

*

Die letzte Liebe. Die ist für manche nur die Musik. Musik zeichnet ja aus, dass sie bis zum Schluss verwöhnen kann.

Für andere ist es ein Haustier. Frau Steeger von “Klimbim” wünschte sich genau das (und nichts anderes). Das Tier um sich zu haben, beim ersten Morgenstrahl und auch nach dem Abendbrot, was für ein Segen!

Wiederum andere haben ehrgeizigere Ziele: Sie wollen das Feuer der Liebe auch jenseits der 70 noch einmal erleben. Da fällt mir z.b. Henry Miller ein, der glaubte, das noch einmal erleben zu dürfen. Und kläglich scheiterte. ..nur den Liebeskummer spüren, sich heimatlos empfinden musste, sozusagen das Negativ zum ersehnten Ziel.

Was Henry Miller erlebte, ist so selten nicht. So mancher glaubt noch auf den letzten Metern ins wohlig Aufregende eintauchen zu können. Man hört es allenthalben im Bekanntenkreis. Mit dem fast immer gleichen Ausgang, wie mir scheint. Miller würde trotzdem sagen: Recht getan. Wieso nicht das Höchste anstreben? Wieso zwei Stufen runtersteigen, von ganz alleine, ohne Not?

So verschieden sind eben die Leute gestrickt – entweder schnappen sie mit dem fast letzten Atemzug nach dem Braten wie bei Breughel, oder sie bescheiden sich von vorneherein.

Ich habe eher Sympathie mit Frau Steeger. Sie hatte ihre Parts, nun war was anderes dran. Das Hecheln war nicht ihres.

Aber Henry Miller war schon ein ganz Besonderer: Hatte er etwas Berauschendes erlebt, versuchte er es sofort mit Sprache nachzuerleben…und scheinbar gelang ihm das. Die Luft wollte er so schnell nicht aus dem Ballon entweichen lassen! Sie sollte ihn noch weiter füttern, ihn dann gesättigt fühlen lassen.

Dieses Ansinnen, etwas Bezauberndes nicht einfach mit dem Wind ziehen zu lassen, das gefiel mir sehr vor 30 Jahren.

Wo also genau stehe ich? Ich bin eher vorsichtig, habe zudem andere Freuden, die mir kaum einer nehmen kann.. und das ist doch das Wichtigste!

300 Worte

24 thoughts on “Späte Liebe

  1. Mit den beiden einander gegenübergestellten Personen hast du einen solchen Kontrast herausgebildet – allein für die Verknüpfung bekommst du von mir Applaus.

    Die eine das ehemalige Lustobjekt, der andere, der nicht aufhören möchte mit der Lust. Ob beide zu ihrer Zeit darin geeint waren, dass damit auch Geld verdient wurde, dass man das eine verkörperte und das andere schreibend verarbeitete?

    Ein bisschen Drama steckt darin, warum die eine sich aus dem Geschäft zurückziehen wollte, dass für sie oft genug nicht nur lustig war und der andere davon nicht lassen konnte, eben weil er die andere Seite vertreten konnte.

    Liebe im Alter stelle ich mir ohnehin weniger in Abhängigkeit von – wie hast du geschrieben? – Hecheln vor, auch wenn körperliche Zärtlichkeiten ihren Wert nicht verlieren. Wenn jemand so gar nicht von alten Gewohnheiten lassen kann, in denen er sich früher grossartig fand, ist das aber eher keine partnerschaftliche Sichtweise, glaube ich.

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    1. Dem kann man wohl wenig mehr hinzufügen. 🙂
      “sich früher grossartig fand” – da fallen mir Spiegel im Schlafzimmer ein…oder ein Restaurantbesitzer in Neapel, der immer gerne in den Spiegel, der im Gästezimmer hing, schaute.

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  2. Vorab ein Geständnis: Ich habe früher Henry mit Arthur verwechselt und wunderte mich beim Tod eines Handlungsreisenden, dass die für den anderen Miller so wesentlichen Stellen nur angedeutet werden.

    Ansonsten meine ich, dass der gute Henry sich zu sehr auf seinen von ihm selbst oft und gern erwähnten Specht verläßt, um tatsächlich ein ansprechendes Erlebnis jenseits einer gewissen Altersgrenze erleben zu können. Dann lieber nur ein Haustier zum Streicheln, solange es kein japanischer Robbendummy für Alzheimerpatienten ist.

    Ach was rede ich! Natürlich das Haustier.

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      1. Oh, es gibt Formen der Magie zelebriert und gemischt aus angemessener Zuwendung und etwas Pharmazie… Aber etwas nur Fleisch zu nennen ist nicht recht, wenn sie’s nicht gleich in die Pfanne hauen wollten, oft ist in dem scheinbar toten Stück Fleisch noch ein Lebensfunke vorhanden.
        Doch nicht darum sollte es vorrangig gehen, sondern darum, dass es drumherum noch manches geben könnte, was, vielleicht sogar bisher übersehen, dem zugewandten Spieltrieb entgegenkommt. Wenn wir die Lebensalter nach alter Betrachtungsweise als auf- und absteigend, aber ähnlich, ja, fast gleich betrachten – man fängt in der Jugend ja auch nicht gleich an zu…. na, muß ich nicht ausführen, aber für gewöhnlich geht es doch ganz zart und zögerlich zu!

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  3. Ich bin bei Gerda, was das angeht, die Frage nach der Selbsterkenntnis, die so individuell ist wie der*die Fragende.
    Spannendes Thema, das du da aufwirfst, in eine Etüde gepackt.
    Morgenkaffeegrüße ☁️🌥️💻☕🍪

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  4. Ich mag diese philosophischen “Betrachtungen” von dir. Sowohl Frau Steeger als auch Herr Miller sind Mosaikstein(chen) in meinem Lebenslauf. Von Miller mochte ich vor allem “Das Lächeln am Fusse der Leiter”.

    Und die späte Liebe kann so untershciedlich sein, wie die beiden… :–)

    Einen lieben Montagmorgengruss, Brigitte

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  5. Interessante Fragestellung, die herausfordert: Wo stehe ich? Strebe ich nach hohem Glück oder reicht mir die Zufriedenheit oder bin ich froh, wenn es mir nicht schlecht geht? Will ich noch wirken oder reicht mir der passive Konsum ? Will ich noch immer jung sein, oder finde ich mich mit dem Alter ab? Ich denke, eindeutige Antworten gibt es nicht, die Seele zerrt in alle Richtungen.

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