Christianes neuer Etüdenaufruf verlockt mich wieder.
Mein max. 300 Worte umfassender Text soll die Worte
Regentonne
sensibel
schwanken.
enthalten.

*
Du, Schorsch, hast Du den Karl letztens gesehen?
Der hat ja mittlerweile einen Umfang wie eine Regentonne.
Aber gemütlich ist er, Heinz. Wann immer ich ihn sehe, wirkt er völlig ruhig und ausgeglichen.
Naja, das liegt wohl an den vielen Bierchen!
Der schwankt aber keinesfalls, wenn er sich abends nachauseschickt. Ich habe das mal genau beobachtet! Die Ruhe selbst! Eine feine Art hat er.
Ich weiß nicht, ob er wirklich so fein und sensibel ist. Seine Frau Trude habe ich auch schon länger nicht mehr gesehen.
Die ist bei ihrer Schwester, die hat psychische Probleme und da kümmert sie sich um sie.
Was Du nicht alles weisst! Ich hatte gedacht, die wäre geflüchtet.
Woher hast Du denn das ? Karl hat über seine Trude am Tisch kein Wort fallen lassen. Da ist alles in Ordnung, ich wüsste das.
Da weisst Du mehr als ich, Schorsch. Hast Du besondere Quellen?
Ich habe die gleichen Quellen wie Du, bin ja auch oft hier, aber einigen Quellen gebe ich wohl mehr Gewicht!
Und welche sind das?
Ich habe Kontakt mit der Hanna, dann auch mit seinem Schulfreund Peter. Aber ich weiß, Peter magst Du nicht.
Hanna mag ich auch nicht, der glaube ich kein Wort!
Heinz! Lassen wir das! Trinken wir lieber unser Bier und machen uns einen schönen Abend! Wirklich, wirklich!
Prost Schorsch!
Morgen soll es übrigens regnen. Den dritten Tag in Folge. Im Sommer hätten wir uns das gewünscht. Schade. Aber schaun wir, wie es nächstes Jahr wird. Ich bin zuversichtlich. Das Bier schmeckt ja noch! Es wird noch gebraut wie eh und je.
*
262 Worte
Meine Mutter hat früher immer gesagt: da muss man ganz diplomatisch vorgehen, wenn man hinterfragt
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Ja, Worte abwägen, nicht auf den Schlips treten, vorfühlen…
😉
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Dein Text klingt auf eine bestimmte Weise sehr authentisch. 😉
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Obwohl ich kein Kneipengänger war und bin.
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Alltägliches sehr treffend beschrieben! Dialoge, deren Deutung unterschiedlicher nicht sein könnte – da muss man schon aufpassen, was man so sagt… Danke sehr!
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Richtig, da hilft dann auch nicht mehr: So habe ich das nicht gesagt!
Dank dir !
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Spannend, wie hier das fast identisch Erlebte ganz unterschiedlich interpretiert wird. Ja, so entstehen Gerüchte und manchmal auch üble Nachrede.
Der Text gefällt mir.
Lieben Montagsgruss,
Brigitte
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Dank dir, Brigitte! Und schönen Montag auch dir !
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Ja, gute Frage, was da stimmt. Welchen Quellen man glauben kann und sollte, ist ja sowieso eine große Frage, aber auch im zwischenmenschlichen Bereich nicht einfach zu lösen 🤔. Wobei es da noch am Einfachsten wäre, den/die Betroffene/n selbst zu fragen …
Könntest du bitte deine Vorlage überprüfen, lieber Gerhard, da ist noch ein Link ins Jahr 2021 drin?
Abendgrüße 🌦️🍃🍷🍪👍
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Tatsächlich, da war noch was! Danke für den Hinweis, Christiane.
Die Betroffenen zu fragen, kann manchmal auch nicht zum Ziel führen.
Ich denke da an den alten Film “Rashomon” von Kurosawa .
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Ein Meisterwerk. Es zeigt nicht bloß auf, wie selektiv Wahrnehmung sein kann, sondern liefert auch ein gutes Abbild des mittelalterlichen Japan und seiner Gesellschaft. 4 involvierte Personen, 4 völlig unterschiedliche Interpretationen des Geschehens. Nicht zu vergessen: Verhalten und Aussagen der Randfiguren…
Der Intimverkehr sowie der Tod des Samurai sind die beiden einzig unstrittigen Elemente vor Gericht.
Kognitive Verzerrungen erlebter Realität nennt man in der Psychologie seither salopp auch Rashomon Effekt.
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Ja, diese kognitiven Verzerrungen brauchten einen Namen und den fand man hier durch den Film recht schlüssig! 🙂
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